1 Dezember 2022

Anleihen reagieren mit hoher Volatilität auf die Inflation

Viele Kapitalanlagen sind durch Inflationsrisiken gefährdet, insbesondere Anleihen reagieren tendenziell stärker auf steigende Zinsen und Preise. Je höher die Inflation ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Anleiherenditen nicht mit der Kaufkraft Schritt halten können. Grund dafür ist, dass Anleihen verzinsliche Instrumente sind. Wer in eine Anleihe investiert, leiht im Grunde einem Kreditnehmenden (einem Unternehmen, öffentlichen Körperschaften, dem Staat und anderen Institutionen) Geld, der damit seinen Kapitalbedarf refinanziert. Dafür erhalten Anleger:innen Zinsen. Im Rahmen der Anleihebedingungen verpflichtet sich der Emittent, die Anleihe mit einem im Voraus festgelegten Zinssatz (auch als Kupon bezeichnet) zurückzuzahlen. Bei Fälligkeit der Anleihe wird den Anleger:innen der gesamte Kapitalbetrag zuzüglich des Zinssatzes geschuldet. Wenn also eine Anleihe mit einem festen Zinssatz von beispielsweise fünf Prozent erworben wird, bleibt dieser Zinssatz während der gesamten Laufzeit der Anleihe gleich – unabhängig von der Inflation.

 

Vorteile und Risiken von Anleihen

Anleihen bergen zwar ein hohes Zinsänderungsrisiko, sind aber dennoch eine interessante Assetklasse zur Diversifizierung eines Portfolios. Sie bieten einen stetigen Einkommensstrom in Form von Zinszahlungen (Kuponzahlungen), meist zu einem höheren Satz als Geldmarktanlagen. Davon ausgenommen sind Nullkuponanleihen und kurz- und mittelfristige Anleihen, die von öffentlichen Gebietskörperschaften, vor allem Staatsregierungen, zur Finanzierung gegeben werden (sogenannte Schatzanweisungen). Bei ihnen werden die Zinserträge vom Kaufpreis abgezogen, und Anleger:innen erhalten bei Fälligkeit den vollen Nennwert der Anleihe zurück. Beispielsweise wird eine Anleihe mit einem Gesamtvolumen von 10 Mrd. Euro in Teilbeträgen (sogenannten Teilschuldverschreibungen) zu je 1000 Euro herausgegeben. Dieser Betrag entspricht dem Nennwert der Anleihe. Am Ende der Laufzeit erhalten Anleger:innen 1000 Euro für jede von ihnen erworbene Teilschuldverschreibung zurück.

Zinssatzänderungen können den Wert einer Anleihe beeinflussen. Wenn Anleihen bis zur Fälligkeit gehalten werden, erhalten Anleger:innen den Nennwert zuzüglich Zinsen. Wird eine börsennotierte Anleihe vor Fälligkeit verkauft, erhalten Anleger:innen den aktuellen Kurswert zurück, der nicht notwendigerweise dem Nennwert der Anleihe entspricht. Denn steigen die Zinsen, fallen die Kurse von Anleihen. Bei sinkenden Zinsen steigen sie. In Phasen steigender Zinssätze sind neu emittierte Anleihen für Anleger:innen attraktiv, da sie höhere Kuponzahlungen mit sich bringen. Um eine ältere Anleihe mit einem niedrigeren Zinssatz zu verkaufen, muss sie möglicherweise mit einem Abschlag verkauft werden. Anleihen mit längerer Laufzeit reagieren in der Regel empfindlicher auf Zinsänderungen der Zentralbanken als ihre kurzfristigen Pendants. Hinzu kommt das Risiko, dass der Zins bzw. Kupon nicht mehr bedient werden kann.

Das Kreditrisiko weisen alle Anleihen auf. Es besteht darin, dass ein Emittent mit einer oder mehreren Zahlungen in Verzug gerät, bevor die Anleihe ihre Fälligkeit erreicht. In diesem Fall verlieren Anleger:innen möglicherweise einen Teil oder den gesamten Ertrag bis hin zum gesamten investierten Kapitalbetrag.

Um das Kreditrisiko zu messen, werden viele Anleihen von unabhängigen Ratingagenturen bewertet. Die bekanntesten sind S&P, Moody’s und Fitch (alle drei amerikanisch und gerne die Big-3 genannt). Die Ratingsysteme sind unterschiedlich. Bei S&P beispielsweise geht die Bewertung von AAA (höchste Bonität, sehr starke Zins- und Tilgungsfähigkeit, geringstes Ausfallrisiko) bis zu D (ungenügende Bonität, Zins- und Tilgungsdienst teilweise oder vollständig eingestellt, Insolvenztatbestände vorhanden).

Welche Arten von Anleihen gibt es?

Anleihen können verschiedenen Kategorien zugeordnet werden:

  • Ausgehend von den Emittenten unterscheidet man hauptsächlich Staats- und Unternehmensanleihen. Dazu zählen Bundeswertpapiere, Euro-Staatsanleihen, Staatsanleihen anderer Länder, Unternehmensanleihen oder Corporate Bonds von deutschen oder internationalen Unternehmen sowie Pfandbriefe.
  • Betrachtet man Anleihen nach Art der Verzinsung spricht man von festverzinslichen Anleihen, Anleihen mit variablem Zinssatz, niedrigverzinsliche Anleihen und Nullkuponanleihen.

Einschätzung der aktuellen Situation

Im Bereich der Anleihen gehen wir kurzfristig weiter von einer höheren Schwankungsbreite (Volatilität) aus, da die aktuellen Inflationsdaten und die restriktive Geldpolitik auch in Zukunft für Unsicherheit sorgen. Der Kapitalmarkt hat die vollzogenen und angekündigten Zinsschritte zwar zu großen Teilen bereits eingepreist, wird aber weiterhin die ersten Anzeichen einer sich verlangsamenden Inflation und einer damit einhergehenden möglichen Zinswende abwarten.

Die Bonitätsaufschläge der Unternehmensanleihen haben sich bereits deutlich erhöht, aber die Neubewertung bleibt in Abhängigkeit der Rezessionsrisiken und könnte bei einer tiefen Rezession für weiter steigende Risikoprämien sorgen. Positiv verzeichnen wir aktuell, dass keine sprunghaften Anstiege der Zahlungsausfälle zu erkennen sind.

Wenn Sie weitere Informationen wünschen oder Fragen zu Anleihen oder anderen Anlageklassen haben, gibt Ihnen unser Portfoliomanager Julian Bösch (Kontakt), gerne unverbindlich Auskunft.