Bitcoin: Zocker-Währung oder Wertanlage?

Der Bitcoin kletterte zuletzt auf neue Rekordhochs und ließ die Marke von 110.000 US-Dollar klar hinter sich. Dies lässt die Debatte darüber, ob die älteste und bekannteste Kryptowährung als unverzichtbarer Bestandteil eines modernen Portfolios zu sehen ist oder ob sie doch nicht viel mehr ist als eine riskante Spekulationsblase ohne inneren Wert, neu entflammen. Was also spricht für den Bitcoin als seriöse Anlageklasse und was dagegen? Im Rahmen unserer HRK LUNIS-Denkfabrik haben wir uns mit dem Für und Wider auseinandergesetzt. Im Folgenden sind die wichtigsten Argumente zusammengefasst.
Ein entscheidendes Argument für Bitcoin ist seine festgelegte maximale Menge von 21 Millionen Einheiten. Im Gegensatz zu Fiat-Währungen (also jener Form von Geld, die wir im täglichen Leben am häufigsten verwenden, wie Euro oder US-Dollar), die von Zentralbanken unbegrenzt ausgeweitet werden können, ist das Angebot von Bitcoin mathematisch begrenzt. Diese Eigenschaft verleiht ihm eine natürliche Resistenz gegen inflationäre Entwertung, was ihn für Investoren attraktiv machen könnte, die sich vor einer Entwertung traditioneller Währungen schützen möchten. Anhänger argumentieren, dass Bitcoin langfristig an Wert gewinnen müsse, da die Nachfrage bei einem begrenzten Angebot tendenziell steige.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Währungen mit unbegrenztem Angebot immer wieder an Wert verloren haben. Die Hyperinflation in Ländern wie Venezuela oder Simbabwe verdeutlicht eindrucksvoll, wie entscheidend ein begrenztes Angebot für die langfristige Stabilität einer Währung sein kann. Kritiker halten dem entgegen, dass ein gewisses Inflationslevel und die Möglichkeit einer gezielten Inflationssteuerung wirtschaftlich sinnvoll sein können, da sie Investitionen und Konsum fördern sowie die gesamtwirtschaftliche Stabilität unterstützen. Zudem hat sich Bitcoin trotz dieser theoretischen Eigenschaften bislang nicht als praktikable Währung etabliert.
Der Kurs des Bitcoins schwankt stark
Ein weiteres zentrales Thema sind die starken Kursschwankungen des Bitcoin. Während traditionelle Anlageklassen wie Aktien und Anleihen langfristig eine vergleichsweise stabile Wertentwicklung aufweisen, ist die Volatilität der Kryptowährung viel höher. Ein extremes Beispiel ist der Kurssturz von fast 50 Prozent im Jahr 2022, gefolgt von einer starken Erholung in den folgenden Jahren. Auch in diesem Jahr musste der Bitcoin von seinem Hoch im Januar Verluste von mehr als 25 % wegstecken, bevor sich der Kurs wieder erholte.
Historisch gesehen liegt die jährliche Volatilität von Bitcoin zwischen 60 und 100 Prozent, nahm aber in der Tendenz über die Jahre ab. Im Vergleich dazu beträgt die historische Volatilität von Gold 10 bis 15 Prozent, die von Aktienindizes wie dem S&P 500 meist unter 20 Prozent.
Bitcoin vs. Gold: Als Wertspeicher geeignet?
Der Vergleich mit Gold liegt nahe, da beide Anlagen begrenzte Ressourcen besitzen und als Wertspeicher genutzt werden. Gold hat, abgesehen von Schmuck und gewissen Industrieanwendungen, wenig praktischen Nutzen für den Alltag und dient in erster Linien als Wertanlage. Eine historische Anekdote verdeutlicht die Preisstabilität des Edelmetalls: Im antiken Rom kostete eine hochwertige Toga ungefähr eine Unze Gold. Heute kann man für eine Unze Gold einen qualitativ hochwertigen Maßanzug erwerben. Während Gold also über Jahrtausende hinweg eine anerkannte Anlageklasse ist, existiert Bitcoin erst seit gut 15 Jahren und muss erst noch unter Beweis stellen, ob er sich langfristig als Wertanlage etablieren kann. Bitcoin hat auch keinen physischen Wert, sondern wird rein als digitales Asset genutzt.
Hinzu kommt: Klassische Vermögenswerte wie Aktien oder Anleihen lassen sich auf Basis von Unternehmensgewinnen, Cashflows oder volkswirtschaftlichen Faktoren bewerten. Bitcoin hingegen basiert ausschließlich auf Angebot und Nachfrage – und letztlich auf Vertrauen. Dieses fehlende Fundament macht ihn anfällig für Spekulation und emotionale Marktbewegungen. Sollte das Vertrauen in Bitcoin erodieren, könnte sein Wert schnell rapide verfallen.
Große Unterschiede bei der Regulierung
Die Regulierung von Bitcoin variiert stark von Land zu Land. In den USA hat die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den Bitcoin oft als Commodity (Ware) eingestuft und damit in die Nähe zu traditionellen Rohstoffen wie Gold und Öl gerückt. Allerdings gibt es auch Institutionen wie die Börsenaufsicht SEC, die Kryptowährungen zum Teil als Wertpapiere klassifizieren. In Deutschland ist Bitcoin nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei, was die rechtliche Lage dort klarer macht. In China hingegen wurde der Handel und das Mining von Bitcoin weitgehend verboten. Diese unterschiedlichen Einstufungen und Auslegungen sorgen für viel Unsicherheit und könnten langfristig die Entwicklung des Bitcoins beeinflussen.
Akzeptanz und damit verbundene Risiken
Die institutionelle Akzeptanz hat sich in den letzten Jahren verändert. Während Bitcoin anfangs fast ausschließlich von Privatanlegern gehalten wurde, investieren inzwischen auch einige institutionelle Investoren in die Kryptowährung. Es wird angenommen, dass der Anteil der institutionellen Investoren inzwischen bei ungefähr einem Viertel liegt.
Ein oft übersehenes, aber wesentliches Risiko sind Sicherheitsprobleme. So besteht die Gefahr von Hacks und Diebstählen, wie sie bei Handelsplattformen bereits vorkamen. Allerdings resultieren diese nicht immer auf technischen Schwächen der Infrastruktur, sondern werden durch menschliche Fehler begünstigt – ein klassisches Beispiel für Social Engineering. Solche Probleme könnten institutionelle Investoren davon abhalten, sich stärker in Bitcoin zu engagieren.
Bitcoin als Zahlungsmittel
Ein weiterer praktischer Aspekt ist die Nutzung als Zahlungsmittel. Während Bitcoin ursprünglich als dezentrale Währung gedacht war, haben sich hohe Transaktionskosten und lange Bestätigungszeiten als Hindernisse erwiesen. Während Kreditkartenzahlungen oder Banküberweisungen meist innerhalb von Sekunden oder Minuten abgeschlossen sind, kann eine Bitcoin-Transaktion – abhängig von der Netzwerkauslastung – mehrere Minuten bis Stunden in Anspruch nehmen.
Andererseits könnte Bitcoin einen gesamtwirtschaftlichen Mehrwert bieten, indem es teure Kreditkartengebühren oder hohe Kosten für Auslandsüberweisungen ersetzt. Die Transaktionsgebühren von Bitcoin sind variabel und in der Regel niedriger als bei Kreditkartenzahlungen. Allerdings können sie in Zeiten hoher Netzwerkauslastung auch auf mehrere Prozent des Transaktionswertes steigen. Diese Kostenschwankungen könnten ein Hindernis darstellen auf einem möglichen Weg zur Alltagswährung.
Ein Aspekt, der wiederum für den Bitcoin spricht: Bevölkerungsgruppen ohne Zugang zu einem Bankkonto bietet er die Möglichkeit, am Finanzsystem teilzunehmen.
Hoher Energieverbrauch
Die Nachhaltigkeit von Bitcoin bleibt ein umstrittenes Thema. Der hohe Energieverbrauch des Bitcoin-Minings wird häufig kritisiert, da er mit dem Stromverbrauch ganzer Länder verglichen werden kann. Zwar gibt es zunehmend Bemühungen, Mining mit erneuerbaren Energien zu betreiben, doch bleibt der ökologische Fußabdruck eine Herausforderung für die breite Akzeptanz.
Fazit
Bitcoin bleibt eine Anlageklasse mit erheblichen Chancen und Risiken. Sein Potenzial als digitales Gold und Inflationsschutz sind nicht von der Hand zu weisen, doch regulatorische Unsicherheiten, Volatilität und Marktrisiken sind nicht zu unterschätzen. Auch Sicherheitsbedenken und Nachhaltigkeitsfragen spielen eine Rolle. Ob sich Bitcoin langfristig als stabile Wertanlage etabliert, bleibt offen.