23 März 2022

ESG – Zwei Seiten einer Medaille

ESG ist in aller Munde. Sie steht für Environmental Social Governance, was im Deutschen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bedeutet. Einfach gesagt beschreibt ESG das verantwortungsvolle unternehmerische Handeln, das darauf zielt, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Das bedeutet für uns, dass wir ESG aus zwei Perspektiven betrachten: zum einen aus Sicht unserer eigenen Unternehmensphilosophie, zum anderen im Hinblick auf die Vermögensverwaltung und Anlageberatung, die wir leisten.

Nachhaltigkeit und die Erhaltung ökologischer Ressourcen einschließlich gerechter Lebensbedingungen ist für uns ein zentrales Thema, dem wir einen hohen Stellenwert beimessen. Eine langfristige, nachhaltige Rendite kann nur erzielt werden, wenn die Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten bleibt. Deshalb sehen wir uns als Teil der Finanzwirtschaft in der besonderen Verantwortung, die Klimaschutzziele auch mit den Mitteln der Geldanlage aktiv zu fördern und damit insgesamt zu einer nachhaltigeren Ökonomie beizutragen. Wir stellen in vielen Lebensbereichen fest, dass immaterielle Werte wie Umwelt, Natur, Authentizität, Gemeinschaft und Sinn an Bedeutung gewinnen. Die andauernde Pandemie und der Krieg in der Ukraine geben dieser Entwicklung weiteren Aufwind. ESG gewinnt dadurch an Bedeutung. Sie darf kein Mittel zum Zweck sein, das nach außen damit protzt, gesellschaftliche und wirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Sondern sie ist ein grundlegender Bestandteil eines nachhaltigen Geschäftserfolgs.

In Anbetracht der oben genannten Entwicklung ist es nicht verwunderlich, dass nachhaltige Geldanlagen weiter an Bedeutung und Dynamik gewinnen. Als wesentliche Treiber gelten die europäische Regulatorik, initiiert durch den EU-Aktionsplan Finanzierung nachhaltigen Wachstums, sogenannte „Sustainable Finance“, aus dem Jahr 2018. Dieser soll den Übergang der EU-Wirtschaft zu einer umweltfreundlicheren und widerstandsfähigeren Kreislaufwirtschaft unterstützen. Zu Beginn des Jahres 2022 ist in Teilen die Taxonomie der Europäischen Union (EU) in Kraft getreten. Sie ist ein Klassifizierungsinstrument, das hilft, Aktivitäten von Unternehmen einzuordnen in Hinblick darauf, ob diese Unternehmen einen „grünen“ Beitrag leisten. Anhand dieses Leitfadens sollen Investor:innen einschätzen können, ob ein Unternehmen, in das sie investieren wollen, nachhaltig arbeitet. Eine Kommission der EU hat dafür klare Kriterien festgelegt mit sehr genauen Messgrößen. Besonders umstritten ist Artikel 10 Absatz 2 der Taxonomieverordnung, der regelt, dass bestimmte Kernenergie- und Gastätigkeiten ebenfalls als Übergangstätigkeiten zu Klimaneutralität, zu nuklearer Sicherheit und Umweltsichersicherheit und zum Umstieg von Kohle auf erneuerbare Energieträger beitragen.

Tatsache ist jedenfalls, dass eine verstärkte Nachfrage bei privaten Anleger:innen und ein weiterhin hohes Nachfrageniveau bei institutionellen Investor:innen besteht. Das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen stellt in seinem Marktbericht 2021 ein Wachstum in Höhe von 117 Prozent bei Privatinvestitionen in nachhaltige Fonds fest. Der Anteil nachhaltiger Fonds und Mandate am deutschen Gesamtfondsmarkt liegt derzeit bei nur 6,4 Prozent, Studienteilnehmende prognostizieren einen Zuwachs um 71 Prozent.

Entsprechend groß ist das Angebot. Anleger:innen können u. a. wählen zwischen börsengehandelten Indexfonds (ETF), Festgeldkonten einer nachhaltigen Bank oder direkt in regenerative Energien investieren. Unsere Aufgabe als Vermögensberatung ist es, Angebote zu entwickeln, die den Werten unserer Kund:innen entsprechen. Hier kommen zu den klassischen Anlagekriterien Rentabilität, Liquidität und Sicherheit Umweltaspekte (E), soziale Aspekte (S) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (G) hinzu.

Derzeit gibt es noch keine offiziellen Standards, wann eine Aktie oder eine Anleihe als nachhaltig gilt. Deshalb erfolgt bei uns die Berücksichtigung von ESG-Risiken in erster Linie über die Auswahl der Finanzinstrumente, die wir empfehlen. Emittenten von Wertpapieren werden gesamtheitlich, d. h. in einem erweiterten Kontext, analysiert. Teilaspekte sind beispielweise Energiemanagement, Wasserrisiken und -impact, Chancengleichheit, Lieferkettenmanagement, Unternehmensethik und Vergütung. Für die Nachhaltigkeitsbewertung der Einzeltitel (Aktien, Anleihen) greifen wir auf das Nachhaltigkeitsresearch von ISS-ESG zurück. ISS-ESG bietet ESG-Research und -Ratings für Unternehmen und Länder an und ermöglicht die Identifizierung von materiellen, gesellschaftlichen und ökologischen Chancen und Risiken.

Der Finanzmarkt befindet sich in einer Phase, in der die Nachhaltigkeitswirksamkeit, der sogenannte Impact, noch nicht in der notwendigen Qualität und Quantität messbar ist. Dies führt bei Anleger:innen und Investor:innen häufig zu Verunsicherung. Dennoch: Das Thema ist in der Finanzwirtschaft angekommen und ist zukunftsweisend. Der Weg zu klaren, einheitlichen Definitionen und zu Erfahrungswerten in der praktischen Umsetzung ist allerdings noch lang.

Weitere Informationen stellen wir Ihnen auf unserer Webseite zur Verfügung.