
Vor 25 Jahren kamen in Deutschland die ersten ETFs auf den Markt – und haben seitdem einen nicht für möglich gehaltenen Siegeszug hingelegt. Als am 11. April 2000 der Anbieter Indexchange, eine Tochtergesellschaft der HypoVereinsbank, die später von iShares (BlackRock) übernommen wurde, die ersten beiden Produkte auf DAX und EuroStoxx50 an der Deutschen Börse listen ließ, war die Skepsis vieler Börsianer groß. Heute sind ETFs aus den meisten Portfolios, ob privater oder professioneller Natur, nicht mehr wegzudenken. Per Ende Dezember 2024 waren an der Deutschen Börse auf Xetra insgesamt 2.328 Exchange-Traded Funds gelistet. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg um 203 ETFs, also rund zehn Prozent. Die Palette ist groß, es gibt Aktien-, Renten-, Rohstoff- oder auch Strategie-ETFs.
Sven Langenhan, Leiter des Investment Office bei HRK LUNIS, hat den Aufstieg dieser Anlageklasse mitverfolgt. Im Interview erinnert er sich an alte Zeiten, spricht über seine Erfahrungen und natürlich auch über die Vor- und Nachteile.
Sven, vor 25 Jahren startete der ETF-Handel in Deutschland. Kannst Du Dich noch an dieses Event erinnern?
Sven Langenhan: Auch wenn es noch zu Beginn meiner Karriere war, erinnere ich mich sehr gut daran und auch an die weiteren Anfänge der ETFs. Selbst im Handelsraum der Deutschen Bank, wo die Anfänge der Xtrackers-Produktpalette (heute DWS) damals noch aus dem Zertifikate- bzw. strukturierte Produktebereich entwickelt wurden, hat das Thema bis auf die unmittelbar involvierten Personen keiner so richtig ernst genommen. Was wohl vor allem auch an den vergleichsweisen mickrigen Margen lag.
Wie lautet Deine Bilanz nach fast 25 Jahren ETF-Handel in Deutschland – aus Sicht der Anleger, aber auch als Vermögensverwalter?
ETFs sind zurecht nicht mehr aus der Anlagewelt wegzudenken und haben einen großen Anteil dazu beigetragen, dass sich zwar noch deutlich zu wenig, aber eben immer mehr Deutsche mit Kapitalanlage beschäftigen. Allerdings sollte man immer im Hinterkopf haben, dass nicht jeder ETF für jeden Zweck und jede Anlegerin und jeden Anleger geeignet ist. Für Vermögensverwalter wie uns sind ETFs in bestimmten Bereichen ideal zur effizienten Portfoliosteuerung.
Also ist die Erfindung der ETFs mehr als nur eine gute Marketingidee?
Auf jeden Fall. Im Rückspiegel betrachtet waren sie genau die richtige Innovation, um eine noch breitere Masse von klassischen Sparern zu Kapitalmarktanlegern zu machen.
Was sind für Anleger die wesentlichen Vor- und Nachteile von ETFs im Vergleich zu aktiven Produkten?
Anlegerinnen und Anleger können vor allem kosteneffizient und schnell in bestimmte Marktsegmente investieren und / oder Sparpläne aufsetzen. Dabei gilt allerdings zu berücksichtigen, dass es passives investieren, wie es bei ETFs gerne suggeriert wird, nicht gibt und geben kann. Ob, wieviel und worin genau man investiert, ist beispielsweise immer eine aktive Entscheidung eines Investors. Zudem sollte man sich stets fragen: Fühle ich mich als Anlegerin oder Anleger mit der passiven Kapitalmarktreise wohl und weiß ich überhaupt, was genau und damit welche Risiken in „meinem“ ETF enthalten sind? Anders ausgedrückt: Würde ich in ein – heute schon technisch möglich und in großen Teilen umgesetzt – vollkommen autonom fliegendes Flugzeug einsteigen, wenn nicht trotzdem zwei Piloten im Cockpit sitzen? Gerade vor diesem Hintergrund ist die Arbeit von uns als unabhängige Vermögensverwalter (Piloten) bedeutsam, da sie Anlegerinnen und Anleger aktiv in ihren Entscheidungen begleiten.
Was hältst Du von aktuellen Trends wie die Mischform des aktiven ETF?
Aktive ETFs können eine Brücke für all diejenigen schlagen, welche die Vorteile aus täglich börsengehandelten, kosteneffizienten Fonds mit dem Mehrwert aktiver Investmentmanager verbinden möchten. Wir schauen uns die aktuellen Entwicklungen bereits genau an und werden, wie bei vielen anderen sinnvollen Innovationen prüfen, wie wir diese sinnvoll für unsere Kundinnen und Kunden nutzen oder sogar mitgestalten können.
Du hast es bereits angesprochen, dass unabhängige Vermögensverwalter wie HRK LUNIS bei der Portfoliosteuerung ebenfalls auf ETFs zurückgreifen. Hat sich denn generell das Geschäftsmodell der Vermögensberater durch die passiven Indexfonds geändert?
Nein. Dies liegt vor allem daran, dass wir als unabhängiger Vermögensverwalter nicht auf Vertriebsfolgeprovisionen von Produktanbietern angewiesen sind und diese auch erst gar nicht annehmen. Allerdings haben sich für uns durch ETFs neue Möglichkeiten ergeben, um gerade kleinere Portfolien noch effizienter steuern zu können.