
Die Vermögensnachfolge zu regeln ist häufig sehr komplex. Ein noch relativ unbekannter Weg ist das Nießbrauchdepot. Wir erklären, wie es funktioniert und warum es vor allem aus steuerlichen Gesichtspunkten interessant ist.
„Geschenkt ist geschenkt.“ Diese volkstümliche Redensart kennt jeder und bei kleineren Geschenken wie einer schmucken Vase oder einer guten Flasche Wein entsteht aus dieser Regel meist auch kein Problem. Bei der Vermögensnachfolge ist das etwas komplizierter. Vor allem die Art der Schenkung macht hier einen kapitalen Unterschied. Gerade für Unternehmer gibt es vielerlei Möglichkeiten, privates wie betriebliches Vermögen auf die nächste(n) Generation(en) zu übertragen. Dazu gehören die Gründung einer Stiftung oder Poollösungen. Ein oftmals unbekannter Weg ist das sogenannte Nießbrauchdepot.
In der Welt der Immobilien ist Nießbrauch ein fester Begriff. Ein ähnliches Prinzip gibt es jedoch auch bei Aktien, Fonds und Co. in Form eines Nießbrauchdepots. Dessen Funktionsweise ist relativ einfach erklärt. Dazu ein konkretes Beispiel: Ein 63-jähriger Unternehmer möchte seiner Tochter ein Wertpapierdepot im Wert von einer Million Euro schenken. Nach Abzug des persönlichen Schenkungsfreibetrags von 400.000 Euro müsste die Tochter für die restlichen 600.000 Euro rund 90.000 Euro Steuern zahlen. Es gibt allerdings eine Möglichkeit, das Depot zum Nulltarif weiterzugeben. Dies ist der Fall, wenn der Unternehmer das Depot auf seine Tochter überträgt, sich gleichzeitig aber das lebenslange Nutzungsrecht auf dessen Erträge vorbehält – etwa für die Ruhestandgestaltung. Während das Eigentum also sofort an die Tochter übergeht, bleibt die Verwaltung in den Händen des Vaters. Aufgrund des Vorbehaltes des Nießbrauchs fällt in diesem Fall die Steuer komplett weg.
Das Prinzip hinter der Steuerbefreiung: Weil die Tochter Zinsen und Dividenden des Depots nicht nutzen kann, so lange ihr Vater lebt, bringt ihr das geschenkte Vermögen unter dem Strich weniger. Es muss zunächst der Jahreswert des Depots (Rendite) bestimmt werden. Entsprechend der statistischen Lebenserwartung des Schenkenden wird dieser Wert mit einem von Alter und Geschlecht abhängigen Multiplikator multipliziert. Dies ergibt dann die Summe, auf die die Tochter bis zum Tod des Vaters wahrscheinlich verzichten muss. Diesen Betrag kann sie vom übertragenen Vermögenswert abziehen und muss dafür keine Schenkungssteuer bezahlen.
In unserem Beispiel liegt der jährliche Ertrag des Wertpapiervermögens von einer Million Euro bei fünf Prozent, also 50.000 Euro. Laut Schreiben des Bundesfinanzministeriums wird dieser Betrag im Fall des 63-jährigen Schenkers, dessen statistische Lebenserwartung noch 19,43 Jahre beträgt, mit dem Faktor 12,081 multipliziert. Damit liegt der hochgerechnete Kapitalwert des Nießbrauchs bei 604.050 Euro. Folge: Da die restlichen 395.950 Euro innerhalb des persönlichen Freibetrags liegen muss die Tochter für den Vermögensübertrag keinen Cent an Steuern bezahlen.
Nießbrauchdepots sind nicht nur ein Weg für sehr Vermögende. Ebenso wenig sind sie eine Lösung auf den letzten Drücker. Denn je höher die statistische Lebenserwartung des Schenkers ist, desto höher ist der Kapitalwert des Nießbrauchs, der den Wert des Vermögens in der steuerlichen Betrachtung reduziert.
Nießbrauch ist nur eine Option. Es gibt viele Wege, Kapital clever an die nächste Generation zu übertragen. Für die optimale Vermögensnachfolge ist es entscheidend, das Große und Ganze im Blick zu haben. Dabei geht es um Fragestellungen, die die rechts- und steuerberatenden Berufe sowie Vermögenverwalter betreffen. Für Unternehmer kommt erschwerend hinzu, dass die privaten mit den betrieblichen Belangen abgestimmt sein müssen.
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