
Der deutsche Staat fährt die Verschuldung massiv nach oben: Für Verteidigungsvorhaben wurde die Schuldenbremse gelockert, die Bundesländer erhalten neue Verschuldungsmöglichkeiten und für Infrastruktur und Klimaschutz gibt es einen Sondertopf von bis zu 500 Milliarden Euro. Insgesamt geht es um eine Billion Euro oder mehr an neuen Verbindlichkeiten (sofern am 21. März auch der Bundesrat zustimmt). Mit dem Schulden-Booster steigt die Finanzierungsnachfrage des Staates, Deutschland wird künftig deutlich mehr Staatsanleihen emittieren. Doch was bedeutet das für die Attraktivität deutscher Bundesanleihen?
Zumindest sehr lange laufende Bundesanleihen bleiben wie zuvor vom Chance-Risiko-Verhältnis unattraktiv. Eine Rendite von ca. 2,5% bis 3% p.a. für 10-jährige Bundesanleihen war aus Sicht von HRK LUNIS bereits vor der Ankündigung des neuen Schuldenpakets nicht sonderlich hoch. Mit dem nunmehr deutlich steigenden Angebot an Bundesanleihen sind die Risiken für noch einmal spürbar steigende Langfristrenditen im Vergleich zum Renditepotenzial zu hoch. Gleichzeitig ist ein dauerhaft starker Anstieg auf ein sehr hohes Zinsniveau (wie zum Beispiel 4 oder gar 5% p.a.) auf aktueller Basis nicht vorstellbar. Sowohl für Deutschland als dann aber auch für die anderen EU-Staaten mit noch dazu kommenden Risikoaufschlägen sind zu hohe Zinsen dauerhaft nicht finanzierbar. Im Zweifel würde erneut die Kreativität der EZB gefragt sein, um die Zinsbelastung für die Staaten erträglich zu machen.
Bei der Frage, ob kurze Laufzeiten oder lange Laufzeiten zu bevorzugen sind, ist die Antwort daher eindeutig: Kürzere Laufzeiten sind klar zu priorisieren und können aufgrund des derzeit noch weiter zu erwartenden Zinssenkungsprozesses der EZB sogar etwas Rückenwind bekommen. Gleichzeitig ist das Rückschlagpotenzial bei etwaig steigenden Renditen aufgrund der dann geringeren Hebelwirkung der Restlaufzeit deutlich kleiner.
Anleger sollten auf ein dynamisches Positions- und Durationsmanagement achten, welches in der heutigen, schnelllebigen Kapitalmarktwelt idealerweise Profis z.B. in Form von globalen, flexiblen Anleihefonds oder Vermögensverwaltern überlassen wird. Diese können auch genau abwägen, ob Staatsanleihen zur jeweiligen Zeit überhaupt sinnvoll sind oder ggf. besser ein höherer Anteil an Unternehmensanleihen oder Pfandbriefen opportun erscheint.
Grundsätzlich bietet der Anleihemarkt global ausgerichteten, flexiblen und wirklich aktiven Anleihemanagern weiterhin ein ordentliches Spielfeld, um gute Renditen zu erwirtschaften und eine echte Diversifikation für sinnvoll gemischte Portfolien zu bieten. Sowohl das durch die teils schmerzhaften Entwicklungen im Jahr 2022 insgesamt erreichte erhöhte Zinsniveau sowie die jüngsten Renditeanstiege auf der Eurokurve sorgen für eine solide Ausgangsbasis – welche jedoch mit Vorsicht zu genießen ist und aktuell keine fundierten Renditeprognosen zulässt. Mittelfristig sollten mit einer umsichtigen Anleihestrategie allerdings auskömmliche Renditen möglich sein.