7 April 2025

Sondernewsletter: Trumps Zollpolitik und die Folgen

Seit US-Präsident Donald Trump am sogenannten „Liberation Day“ am 2. April die ganze Welt mit Zöllen belegt hat, sind Politik und Kapitalmärkte in Aufruhr. Die prompte Reaktion Chinas, US-Importe mit Vergeltungszöllen in Höhe von 34 Prozent zu belegen, befeuerte die Sorgen vor einem globalen Handelskrieg zusätzlich.

Ein solcher Handelskrieg hätte erhebliche Folgen: Preise würden steigen, die Unsicherheiten bei Verbrauchern und Unternehmen zunehmen, Lieferketten wieder einmal beeinträchtigt werden und die Stimmung innerhalb der globalen Wirtschaft würde sich verschlechtern. Viele Unternehmen müssten langfristig gewachsene Produktions- und Lieferstrukturen neu organisieren – mit komplexen Herausforderungen und höheren Kosten. Diese Veränderungen könnten in einer stagflationären Welt münden: mit weniger Absatzvolumina, höheren Preisen und geringeren Margen. Was wiederum die Unternehmensbewertungen belasten dürften. Solche Sorgen waren verantwortlich für die massiven Kursverluste an den Weltmärkten in den vergangenen Tagen.

Für Anleger stellt sich nun die wichtige Frage: Sieht Trump Zölle „nur“ als taktisches Instrument, um bilaterale „Deals“ auszuhandeln oder wird er an ihnen dauerhaft festhalten? Nachdem er seine Landsleute zum „Durchhalten“ aufgefordert hatte, sendete er zuletzt etwas mildere Signale. Am Sonntagabend sagt er gegenüber Journalisten, er sei „offen für Gespräche“ mit den Staats- und Regierungschefs der Welt über neue Abkommen. Wie dies aussehen könnte, zeigte am Montag die EU, die den USA erneut die Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter angeboten hat.

Allerdings ist unklar, ob Trump den von ihm entfesselten Wirtschaftskrieg lediglich als Hebel sieht, um „Deals“ einzufädeln – oder ob er es mit seinem Versuch ernst meint, die Weltwirtschaft umzugestalten und die Globalisierung mehr oder weniger zunichtezumachen.

Trumps Begründung für die Zölle auf 185 Länder und Territorien lautet ja, dass der Rest der Welt Amerika jahrzehntelang „abgezockt“ habe. Dank der Zölle würden nun wieder Arbeitsplätze in den krisengeschüttelten US-Industrien entstehen. Zwar hat der US-Präsident insofern recht, als dass im Zuge der Globalisierung viele US-Arbeitsplätze ins Ausland verloren gingen, doch das ist in anderen Industrienationen ebenfalls geschehen. Die USA sind dennoch weiterhin eine der reichsten Nationen der Welt und haben umfangreich vom globalen Freihandelssystem profitiert. Trumps Fixierung auf Handelsdefizite und Warenhandel zeugen von einer veralteten Weltanschauung. Sie ignoriert, dass die US-Wirtschaft zu einem Technologie- und Dienstleistungsgiganten geworden ist. Grundgüter wie Kleidung werden Industrienationen wie die USA niemals mehr im großen Stil so wirtschaftlich produzieren können wie Niedriglohnländer im Ausland. Die Herstellung von Grundgütern wäre teurer, die Lebenshaltungskosten würden steigen und den Wohlstand vieler Amerikaner schmälern. Ein amerikanischer Comedian hat unlängst zum Beispiel verlautbart, dass er sehr gerne Nike-Schuhe trage, diese aber nicht selbst herstellen möchte. Damit dürfte er tendenziell die breite Mehrheit der US-Bürger ansprechen.

Amerikanische Bürger achten traditionell sehr genau darauf, ob ein Präsident ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessert oder nicht. Für sie ist entscheidend, was der Sprit kostet, ob sie sich Donuts und Burger noch leisten können und wie die Entwicklung auf dem Häusermarkt ist. Aktuelle Umfragen diverser Medien und Institute zeigen allesamt, dass eine Mehrheit der Amerikaner die Zollpolitik des Präsidenten missbilligt. Eine weitere Umfrage des Cato Institute skizziert ein noch klareres Bild: Demnach ist das Thema Inflation das mit Abstand wichtigste Thema für die US-Bürger. Weit abgeschlagen auf dem letzten Platz kümmert die Amis dagegen, was mit Globalisierung und Welthandel passiert. Doch gerade Trumps Zölle werden die Inflation kräftig anheizen. China beispielsweise sieht sich nun mit einem kumulativen Zoll von 54 % auf seine Exporte in die USA konfrontiert. Dies bedeutet, dass die Kaufkraft amerikanischer Bürger stark zurückgeht, da Produkte aus chinesischen Fabriken deutlich teurer werden. Die Rechnung tragen also die Verbraucher. Und auch der US-Einzelhandel wird dadurch schwer getroffen.
Inzwischen wachsen Widerstand und Widerspruch gegen das Trump-Regime. In den USA kam es am Wochenende landesweit zu massiven Protesten, erste republikanische Abgeordnete wagten kritische Äußerungen. Elon Musk, Trumps Sonderberater, sprach sich gar für eine Null-Zoll-Politik und einen totalen Freihandel zwischen den USA und der EU aus. Und sogar prominente Unterstützer, die Trump halfen, an die Macht zurückzukommen, äußern sich skeptisch. So warnte der Hedgefonds-Manager Bill Ackman eindringlich vor den neuen Zöllen und warb dafür, sie unbedingt aufzuschieben oder ganz bleiben zu lassen. „Wenn wir dies nicht tun, besteht die Gefahr, dass die Wirtschaft aufgrund der massiv gestiegenen Unsicherheit in eine möglicherweise schwere Rezession gerät“, so Trump-Fan Ackman. Das Unbehagen mit Trumps Zollagenda nimmt also deutlich zu.

Was bedeutet das nun für die Kapitalanlage? Wenn die Unruhe, in Teilen vielleicht sogar schon Panik, an den Märkten am größten zu sein scheint, gilt es Ruhe zu bewahren und fokussiert zu bleiben. Der große Unterschied zu anderen Krisen ist, dass sie dieses Mal nicht durch wirtschaftliche Entwicklungen, Kriege oder einen Virus ausgelöst wird, sondern mehr oder weniger durch eine Person.

Sollte der Druck auf Trump nun zunehmen und der US-Präsident eine Entspannung an der Zollfront signalisieren, dürfte dies kurzfristig eine Gegenbewegung an den Märkten einleiten. Zumal viele Aktien sich nach den herben Kursverlusten bewertungstechnisch auf wieder attraktiven Niveaus bewegen und als „überverkauft“ gelten. Mittelfristig werden die Unsicherheiten aufgrund Trumps völlig unvorhersehbarer Politik, die mit jeglicher Ratio nichts zu tun hat, bestehen bleiben. Hierzu passt, dass bei Erstellung dieses Sondernewsletters die Nachricht kam, dass Donald Trump eine 90- tägige Pause bei den Zöllen erwäge. Was nur wenig später durch das Weiße Haus als „fake news“ dementiert wurde. Dafür wurden kurz darauf neue zusätzliche Zölle in Höhe von 50% auf China durch den US-Präsidenten ins Spiel gebracht.

Wir bei HRK LUNIS sind auf die weiteren Unwägbarkeiten eingestellt. Unser hauseigenes Investment Office wird die Entwicklungen weiterhin eng begleiten, mit der gebotenen Akribie analysieren und die entsprechenden unemotionalen Schlüsse daraus ziehen. Dabei werden wir uns nicht von tagesaktuellen Geschehnissen treiben lassen, sondern immer das große Bild und die langfristige Qualität unserer Anlagen im Auge behalten.